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Schottland 1999: Ferienarbeit für den National Trust for Scotland

Work around the pond - oder warum Disteln nicht unbedingt pieksen

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Drum Castle... Drum Castle Aberdeenshire... Ah, ich hab's. Liegt etwas südwestlich von Aberdeen zwischen Peterculter und Banchory. Finger drauf.

Und wo liegt jetzt Monymusk? Kein Problem... etwas östlich von Alford. Ups, das ist aber ein gutes Stück tägliche Anfahrt. Macht nichts, das fahren wir ja zusammen im NTS-Büschen.

Den Pick-Up-Point in Edinburgh findet man ja leicht, aber wir kommen ja von Inverness. Wir müssten ja auch direkt dahin kommen können. Dafür haben wir ja die Dame vom Organisationsbüro (erreichbar per Brief, Fax, Telefon und Email). "If you have any questions, don't hesitate". Wir hesitaten nicht und bemühen das Telefon. "Klar, kein Problem, wir können direkt nach Monymusk, die Gruppe kommt etwa gegen 17 Uhr dort an." Eine Wegbeschreibung nach Monymusk gibt's auch, aber innerhalb von Monymusk (so etwa 3. Baum rechts) wird's schwierig. In einem "small village" ist doch so etwas nicht zu verfehlen. Na dann ist ja alles all right .

nach obenAnkunft

Der Tag der Wahrheit kommt. Wir steuern unseren Mietwagen von Inverness mit einigen Zwischenstop für Sehenswürdigkeiten nach Monymusk. Stimmt, Monymusk ist ein überschaubares Örtchen. Ein schöner rechteckiger Platz mit einem Lebensmittelladen inklusive Post und daneben einem Pub, dazu 2 bis 3 überschaubare Stichstraßen. Da müsste dieses Centre doch zu finden sein...

"Ich hab's, das ist es! Da ist eine Plakete am Haus mit Sir Arthur Grant 1902. Das muß es sein!" - "Von wegen, das haben hier alle Häuser, nur die Jahreszahlen sind verschieden". Dann nehmen wir uns eben die Stichstraßen vor. Fehlanzeige. Aber dort arbeitet jemand im Garten. "Excuse me..." - Dank dem freundlichen Herrn (aber das sind die meisten Schotten) ist das etwas außerhalb gelegene Centre schnell gefunden.

Sir Arthur Grant Residential Centre in Monymusk
Sir Arthur Grant Residential Centre in Monymusk

Schließlich treffen auch die anderen Teilnehmer des Thistle (Distel) Camps im blauen Kleinbus des National Trust for Scotland ein. Während wir das riesige Haus in Besitz nehmen und uns gemeinsam ans Kochen des Abendessens geben, lernen wir uns langsam kennen. 6 Frauen und 5 Männer, davon 3 Neulinge. Die Anderen sind Wiederholungstäter, die uns versichern, dass solche Camps süchtig machen. Ich bin skeptisch. Arbeit soll süchtig machen? Nachdem wir die Sache festgemacht hatten, bin ich von Zweifel zerfressen worden, ob ich als Schreibtischtäter, dem zwar schon die eine oder andere Tasse im Schrank fehlt, wirklich geeignet für so etwas bin.

Das Kochen wird zum Erlebnis - bei Vegetariern, einem Veganer (ohne tierische Milch und Eier), eine Gemüseallergie und Normalessern. Aber es ist erstaunlich, wie problemlos man die Zubereitung so einteilen kann, das die Trennung in viele Töpfe erst recht spät notwendig wird. Die Mehrarbeit ist fast gleich Null.

Das Centre ist phantastisch. Eine offene Küche mit Speisesaal, ein Wohnzimmer mit Teppichboden, Sesseln und Fernseher, Duschen mit scheinbar unendlich viel heißem Wasser, Trockenraum für Wäsche und Schuhe, Waschküche mit Waschmaschine und Trockner, ein Münztelefon und vor allem bequeme Betten.

nach obenErster Arbeitstag

Am nächsten Tag wird es ernst. Nach dem Frühstück und Schmieren von Lunchpaketen nach eigenem Gusto, heißt es "Alle einsteigen, auf nach Drum Castle!" Dort werden wird dann von der Chef-Gärtnerin begrüßt und bekommen eine Gartenführung (Ein paar Tage später gibt es dann vom Manager des Castle vor der offiziellen Öffnung auch noch eine private Führung durch das Castle). Bei der Gartenführung erläutert die Gärtnerin auch die langfristigen Projekte, die sie verfolgt, die Probleme und in welchen Bereich wir ihr bei der Beseitigung helfen können.

nach obenWas gibt's zu tun?

Der gereinigte Graben
Der gereinigte Graben
Teile der Pflanzung
Teile der Pflanzung

Puh, das klingt alles nach viel, viel harter Arbeit....

nach obenPausen gibt's auch...

Zunächst das magische Wort: TEATIME!!!

Aus großen Thermosflaschen gibt es jede Menge heißes Wasser für Tee und Kaffee so stark wie ein jeder mag. Fürs Doping gibt es Kekse. Anschließend werden alle Gerätschaften erklärt. Aussehen, Name (für uns Nicht-Briten besonders wichtig), Handhabung und Sicherheitshinweise. Die Verletzungsfälle bei den Thistle Camps sind übrigens verschwindend gering. Bei uns gab es gar nichts zu beklagen.

Mir war so kalt...
Mir war so kalt...
Was die so mit mir machen...
Was die so mit mir machen...

Na dann, nichts wie 'ran ans Werk! Im Nu sind die kleinen Arbeitsteams bunt durchmischt. Schnell kristallisiert sich heraus, wer welche Stärken hat. Die Ziele sind formuliert. Wenn Fragen auftreten, ist Rat und Hilfe nie weit, aber Arbeitsaufseher gibt es nicht. Das Team teilt sich selbst ein. Wer erschöpft ist, macht Pause. In lockerer Folge rotieren wir zwischen den verschiedenen Tätigkeiten. Es wird gefachsimpelt und vor allem gelobt. Keiner arbeitet allein, außer er wünscht es. Aber dann wird man regelmäßig für ein Schwätzchen besucht und begutachtet, ob man es auch nicht übertreibt und sich eventuell überanstrengt.

Es ist kaum zu glauben, was elf Personen in einer Woche bewegen können. Auch Diana, unsere Chefgärtnerin kommt in Stress, schafft Berge von Pflanzen herbei, misst, plant und skizziert die neuen Bereiche, lässt Bergeweise Mulch herankarren. "Ihr habt doch auch einen Garten zuhause? Ich zeige euch, welche Pflanzen im Sluch (eine Art Pflanzenzwischenlager) zur Verfügung stehen. Grabt sie aus und gestaltet damit den Bereich dort drüben." "Klar doch, braucht jemand diese Grabgabel für die nächsten Stunden?"

Die Enten finden unsere Aktion auch nicht schlecht - und lassen sich ab dem dritten Tag auch nicht mehr von uns stören. Dafür sitzen sie mit Vorliebe die neuen Funkienableger platt. Seufz!

nach obenFeierabend

Nach Feierabend fallen wir alle erschöpft in den Bus. Wer hat heute die Küchenregie? Der ist bei der ersten Gruppe für die Dusche, nachdem er die Vorbereitungsarbeiten delegiert hat. Im fliegenden Wechsel erfolgt die Ablösung der Küchenarbeiter, sodass sich immer mehr blitzblanke Gestalten um die Messer und Kochlöffel reißen. Beim köstlichen Mahl, was aufgrund der wechselnden Küchenmeister immer einen ganz unterschiedlichen Charakter hat, dreht sich alles um Kochen und vor allem um Essen. Lecker! Ist das das vegetarische? Laß mal probieren. Kann ich das Rezept haben? Und was gibt es morgen? Was muß eingekauft werden?

Später wird es im Wohnzimmer gemütlich. Man erzählt von zuhause, von anderen Camps, von Gott und der Welt, spielt. Was unternehmen wir an unseren freien Tag? Wo fahren wir hin? In unserem Fall geht's nach Stonehaven an die Küste. Und da alles so gut lief, haben wird den letzten Tag des Camps auch zur Verfügung, um Crathes Castle (in der Nachbarschaft) und am Nachmittag das Storytelling-Festival in Drum Castle zu besuchen. Schließlich haben wir ja auch geholfen, die Garten-Pavillions aufzubauen!

nach obenJa, es hat sich gelohnt

Stress, elende Schufterei? NEIN!

Intensive körperliche Arbeit und damit tiefer Schlaf, ja - aber ohne Überanstrengung.

Und interessante, nette Leute mit jeder Menge toller Geschichten, Erfahrung von Gemeinschaft, gutes Essen, Zufriedenheit, Bestätigung und das Wissen, dass ein winziges Stückchen Schottland so ist, wie es ist, weil elf Leute durch alle Altersstufen hindurch füreinander da waren, um gemeinsam (kleine) Berge zu versetzen

Wer sachlichere Infos über Thistle Camps oder den National Trust haben möchte:

Das Mindestalter beträgt je nach Camp 16 bis 18 Jahre - ein Maximalalter gibt es übrigens nicht (65 ist es jedenfalls nicht).

Tanja Holzem, 24.01.2000
Ferienarbeit für den National Trust for Scotland
Tanja Holzem
24.01.2000
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