Dunkle Zeiten - lange Zeiten - Lyness
Blick auf Lyness |
In anderen Jahrzehnten wäre es hier wahrscheinlich nicht so still gewesen. Ich habe ja erwähnt, wie günstig die Inseln hier natürliche Häfen bilden und dass man das schon zu Napoleons Zeiten genutzt hat. Anfang des 20. Jahrhunderts war es dann wieder soweit. Man suchte einen Heimathafen für die Flotte. Scapa Flow wurde es und ein Ausweichplatz wurde auf den Shetlands gefunden. Landstützpunkte an Scapa Flow wurden Lyness und Longhope. Im ersten Weltkrieg waren hier 100%nbsp;000 Soldaten stationiert, im zweiten Weltkrieg immerhin noch 60 000 und 25 000 auf Shetland. Das war ein so großer Standort wie z.B. Pearl Harbour. Irgendwie gehört Warten zu diesem Ort. Die stationierten Soldaten, so beweisen Briefe, warteten sehnsüchtig auf Versetzung, denn das Leben hier war eintönig. Die normalen Siedlungen mussten den militärischen Bauten weichen. Die Unterbringung waren wohl sehr einfach. Die Soldaten hatten kaum Ausgang. Alles in allem wurde Scapa Flow zu einer Festung.
Lyness - Bastel-Panorama über die alte Base |
Mittlerweile sieht man weniger davon. Die Inselbewohner haben die Inseln wieder für sich. Bis auf wenige Gebäude ist alles verschwunden. Ein paar Treibstoffdepots sind noch sichtbar. Auf dem Hügel ist noch der Betonklotz einer Fernmeldestation. Sie dient heutzutage der hiesigen Feuerwehr für Übungen, denn aufgrund der Bunkerbauweise ist es stockfinster darin. Das sind ähnliche Verhältnisse wie in dichtem Rauch. Tiere fühlen sich dort noch wohl. Wer dort hineingeht, scheucht zunächst jede Menge Tauben auf. Was sonst noch kommt, weiß ich nicht. Entsprechend ist vielleicht den Feuerwehrleuten der Atemschutz auch nicht nur lästig. Übrigens gibt es hier natürlich keine Berufsfeuerwehr, sondern so ziemlich jeder taugliche Inselbewohner ist Mitglied in der freiwilliger Feuerwehr und meist auch in der Lifeboat-Station.
Lyness - Bastel-Panorama |
Die Marine ist hier nie ganz fern. Die Friedhöfe der Umgebung zeugen von all den Opfern, die See und Kriege gefordert haben. Hier in Lyness gibt es das nationale Kriegsmarinemuseum, das von der Geschichte von Scape Flow erzählt und dessen Besuch sich lohnt (nicht nur bei Sauwetter). Wenn man bedenkt, dass dies einmal der größte Marinestützpunkt der Welt war, sieht man die Stille und vielleicht auch Ödniss heute mit ganz anderen Augen.
Im Wasser sind noch jede Menge alter Zeugnisse der dunklen Zeiten.
Vom ersten Weltkrieg liegen hier immernoch deutsche Schiffe auf dem Grund der See. Wie es dazu kam? Am Ende des ersten Weltkrieg mußten die Bedingungen der Aliierten erfüllt werden. Die deutsche Hochseeflotte wurde in Scapa Flow interniert. Die Friedensverhandlungen zogen sich hin. Eine Woche vor dem Abschluss im Sommer 1919 sah es so aus, dass Deutschland die ihm diktierten Bedingungen nicht akzeptieren würde. So erfüllte der Admiral der Flotte den ihm erteilten Befehl für den Fall der Fälle: Selbstzerstörung. Die Briten waren vollkommen überrascht und mussten zusehen, wie 72 Schiffe innerhalb von 5 Stunden im Meer versanken. Viele wurden in den nächsten 30 Jahren geborgen. Sieben sind immer noch dort unten. Aus sie bringen noch ein bißchen Lohn und Brot. Für Taucher sind sie ein beliebtes Ausflugsziel, obwohl Kaltwassertauchen definitiv etwas für Abgebrühte ist. Vielleicht werden auch sie einmal gehoben, denn Stahl wird immer teurer. Man hat uns gesagt, dass der Stahl dieser Schiffe mit der Zeit immer attraktiver werden wird. Der heute verfügbare "frische" Stahl hat eine gewisse Menge an Strahlung. Das ist für die Herstellung von Messgeräten problematisch. Der alte Stahl hier auf dem Meeresgrund ist frei davon. Irgendwie schön die Vorstellung, das hier vielleicht nicht gerade Schwerter zu Pflugscharen werden, aber Kriegschiffe möglicherweise als medizinische Geräte Menschenleben retten könnten. Aber der Bedarf des Militärs an Messgeräten wird wohl auch nicht versiegen.
Was man vom Land aus sehen kann, sind zum Beispiel die schon erwähnten Fernmeldestationen, die Artillerie-Stellungen und die absichtlich versenkten Schiffe, die zusammen mit Kettennetzen und Minen die Nebeneinfahrten nach Scapa Flow blockierten. Im Osten wurde dies mit Zementblöcken gemacht, die Churchill Barriers.