Inveraray
Stadt-Geschichte
Einen kleinen Rundgang durch Inveraray haben wir schon nach einem leckeren Abendessen am Ankunftstag gemacht. Inveraray ist keine gewachsene Stadt, sondern ist auf dem Reißbrett entstanden. Die schöne Ansicht von der Küstenstraße aus, die breite Hauptstraße, die Kirche, das Rathaus, all das ist als Ganzes geplant worden. Aber nicht auf der grünen Wiese! Inveraray gab es schon vorher. Ein Fischerdorf. Die Herzöge von Argyll, die Campbell-Chiefs, machten es zur royal burgh und brachten ihm damit die Stadtrechte. 1744 wurde dann der gesamte Ort und die alte Stammburg niedergebrannt, um die neuen Pläne für das Schloss und die Stadt zu realisieren.
Um den Besuch des Schlossinneren haben wir aber trotzdem gedrückt. Irgendwie sind wir dieses Jahr nicht in Castle-Stimmung. Es ist ein klassizistischer Bau mit vielen dekorativen Elementen wie Türmchen, gotischen Fenster und vielem mehr. Es schimmert leicht grün und könnte genausogut irgendwo in Frankreich stehen. Die Innenausstattung in ihrem Prunk soll wohl auch eher französischen Stils sein. Die Sammlung an Gemälden, Waffen und Porzellan ist ebenfalls sehenswert. Der Architekt ware Roger Morris, bei der Innenarchitektur hatte Robert Mylne die Hand im Spiel.
Am Kai liegt die Arctic Penguin, ein Dreimast-Schoner. Heute ist er ein Museum.
Inveraray hat auch noch 2 verkehrstechnische Schmuckstücke:
- Die Ortskirche ist Fokuspunkt der Hauptstraße und steht mitten in dem damit entstehenden Kreisverkehr, an den sich auch, etwas zurückgesetzt das Gerichtsgebäude befindet.
- Die von Osten kommende Uferstraße überquert die Mündung von River Aray mit einer wunderschönen, einspurigen und stark aufgewölbten Brücke. Von ihr aus hätte man einen tollen Ausblick auf Inveraray Castle, aber den bekommt nur der vorbereitete Beifahrer, denn die Verkehrsoberen haben hier zu recht eine Ampelregelung und absolutes Halteverbot eingeführt, um dieses für Autofahrer unübersichtliche Nadelöhr zur entschärfen. Also am besten im Ort parken und einen kleinen Spaziergang mit der Kamera machen.
Noch ein Kuriosum gefällig? Wobei ich zugeben muss, dass ich es selbst nicht gesehen habe, man es dem Dumont Reiseführer aber wohl glauben kann. Die Kirche ist mit einer Innenmauer in 2 Teile geteilt. Der eine Teil war für den englischsprachigen Gottesdienst für der Herzog und seinen Haushalt, der andere für den gälischsprachigen Gottesdienst des gemeinen Volkes.
"Morgengrauen"
Schlafzimmer-Ausblick vor dem Frühstück |
Schlafzimmer-Ausblick nach dem Frühstück |
Das sind doch die besten Aussichten, um in den Knast zu gehen!
Knast-Geschichte(n)
Inveraray Jail |
Darauf betritt man den Gerichtssaal, wo man sich zwischen das schon anwesende "Volk" in die Ränge setzen kann, um die Verhandlungen des hohen Gerichts zu verfolgen. Wunderschön gestaltete Wachsfiguren lassen einen in vergangene Zeiten eintauchen. Die Verhandlung auf Tonband mit allen atmosphärischen Geräuschen macht die Betroffenheit des Auditorium angesicht der Ungeheuerlichkeit der Tat unmittelbar spürbar. Trotzdem sackt dem Herrn rechts in der dritten Reihe doch immer wieder der Kopf auf die Brust. Aber wenigstens schnarcht er nicht.
Leise schleicht man über knarrende Dielen wieder hinaus, um über die Hintertreppe auf den Gefängnishof zu gelangen. Dort wird man von der Frau des Gefängnisverwalters empfangen, die es heute gut mit uns meint. Ausnahmsweise dürfen Markus und ich unsere "Freiluftzeit" gemeinsam in dem einen der zwei Ausgangskäfige verbringen. Das ist eigentlich nicht erlaubt. Seit dem, ich weiß nicht mehr wievielten, haben Häftlinge pro 24h das Recht auf 1 Stunde an der frischen Luft. Aber allein und ohne Konversation mit den Mithäftlingen zu treiben. Wir werden auch über unsere sonstigen Rechte informiert. Die Festlegung der zu Verfügung zu stellenden Kleidung für die Männer und die Frauen. Die Vorschriften, wie viele Mahlzeiten von welcher Art pro Tag dem Häftling zustanden oder wie geheizt werden mußte, waren echte Fortschritte im Gefängniswesen und durchaus schon älter als wir es vermutet hätten (zumindest hier in Schottland). Für manchen, der durch schwierige Zeiten, das Wetter oder die jeweiligen Oberen recht gebeuteltet war, war ein geregeltes Gefängnisleben zwar nicht angenehm, aber zu gewissen Zeiten auch lebensrettend. Es sind eine Reihe von Fällen bekannt, in denen Straftaten nur begangen wurden, um zum Beispiel noch ein Dach über dem Kopf, ein Hemd über dem Körper und einen Löffel Hafer zwischen den Zähnen zu haben, wenn einem sonst schon nichts mehr blieb.
Die nächste Station ist das alte Gefängnis. Tafeln und weitere Wachsfiguren zeigen die Probleme dieses frühen Gefängnisstrafvollzuges. Gleichzeitig werden aber auch die Modernisierungen deutlich, die nach dem Bau des "neuen" Gefängnisses, die Weiternutzung des "alten" als Frauengefängnis (denn die waren zahlenmäßig weniger) möglich machten.
Entlang des Wäscheplatzes und der Gefängnismauer mit ihren "Türmchen" für das Heizmaterial geht es hinüber ins "neue" Gefängnis. Wassertoilette, Hygiene, ärztliche und seelsorgerische Betreuung, der Versuch der Bildungsvermittlung, die Notwendigkeit der körperlichen Ertüchtigung. Dinge, die im modernen Strafvollzug selbstverständlich sind, mußten sich erst entwickeln und dies wird hier an Beispielen erläutert. Alles in allem also ein wirklich interessantes Museum mit Anspruch, aber ohne zu ermüden.