Ardnamurchan - Geschichte und Geschichten
Besitzverhältnisse
Die Halbinsel Ardnamurchan ist der westlichste Punkt der britischen Hauptinsel und liegt sogar noch westlicher als Belfast. Und ihre Geschichte reicht weit zurück. Man findet hin Überbleibsel der Steinzeit und der Bronzezeit. Als im neunten Jahrhundert jedoch die Vikinger auftauchten wurde es hier wesentlich bewegter. Tom Atkinson erzählt in seinem Buch The North West Highlands die Geschichte, die ich jedoch sehr frei wiedergebe:
1266 hatte ein Vikinger namens Muchdragon das Sagen. Und er muss ein rauher Geselle gewesen sein, der ein Auge auf die gut aussehende Fau eines seiner Vasallen geworfen hatte. Als er also seinen Besuch ankündigte, wußte allen sehr wohl, was damit gemeint war. Da die Frau tabu ist, solange ihr Mann noch lebt, war klar. Der Ehemann mußte sich also auf die Socken machen, wenn Muchdragon eintraf. Die Chancen sollten ganz gut sein, denn Muchdragon wird in seiner ganzen Rüstung kommen, der Ehemann wird jedoch nur in seinem Hemd sein. Muchdragon sah jedoch den Flüchtenden, der auch nur eine kleine Streitaxt zur Verteidigung hatte, und setzte ihm nach. Es war ein knapper Rennen. Und auf halbem Weg zum Beinn Hiant bekam Muchdragon das Hemd des Mannes zu fassen und zerriss es. Der verzweifelte Ehemann drehte sich und warf seine Axt. Muchdragon hingegen konnte sich mit dem Konzept von zwei getrennten Hinhälften nicht spontan anfreunden und verstarb. Das Paar floh nach Islay. Zu phantastisch? Und was ist dann mit den Namen? Beann na Urchrach , the Hill of the Throw, der Hügel des Wurfes und Clac na Coiridh , the Hollow of the Race, das Tal des Wettlaufs zeugen schließlich noch heute von der Geschichte.
Die einen gehen, die anderen kommen. Iain Sprangaich, John the Bold, bekam Wind von Muchdragons Ende und nahm kurzerhand die ganze Halbinsel in Besitz. Er begründete den Clan der MacIans. Das ging auch eine ganze Weile gut, bis 1515 die MacDonalds of Lochalsh einmarschierten und die Burg der MacIans in Kilchoan belagerten. Die MacIans hielten noch bis 1626 aus. Den Campbells, die die MacDonalds vertrieben, waren sie jedoch endgültig unterlegen. Was ihnen blieb war nur noch das Piratentum bevor sie endgültig in Loch Moidart in die Ecke gedrängt und dahingemetzelt wurden.
Aber lange konnten die Campbells Ardnamurchan auch nicht halten. Anfang des 19. Jahrhundert wurde die Halbinsel versilbert und ging an Sir Alexander Murray. Er hatte große Pläne. Er eröffnete die Bleiminen in Strontian. Er dachte darüber nach von dort Kanäle bis nach Fort William zu bauen. Und, um die Frauen der Minenarbeiter auch noch zu beschäftigen plante er eine Strohhutfabrik. Was auch sonst noch seine geheimen Pläne waren, der Bankrott war jedenfalls nicht fiktiv.
Der nächste Besitzer war Sir James Riddell. Er begann die Clearances hier. 1855 verkaufte er dann das Land mit Mann und Maus an James Dalgliesh, der in seiner Tradition weiter verfuhr. Das große Castle in Glenborrodale wurde von seinen Nachfolger von C.D.Rudd erbaut. Übrigens aus importiertem roten Sandstein. Rudd machte seinen Vermögen zum großen Teile durch Beteiligung an den De Beers Gold- und Diamantenminen und durch Schürfrechte in den Matabele und Mashona Ländern.
Der nächste Besitzer, Kenneth Mackenzie Clark, stammte aus Paisley und war im Garngeschäft. Danach ging der Besitz an Lord Trent, der sein Geld mit Boots The Cash Chemists verdiente. und mit Trent, dem Sohn von Jesse Boot, dem Begründer des Unternehmens, wendete sich endlich das Blatt. Er ermutigte wieder die Farmwirtschaft und obwohl die Landflucht damit nicht gestoppt wurde, verlangsamte sie sich deutlich zu seiner Zeit. Mittlerweile ist das Besitztum zerstückelt. Mehr und mehr obliegt der Waldwirtschaft. Schafe und Wild, die all das Leid brachten, sind auf dem Rückzug.
Der Schwan von Sunart
Auch hier auf Ardnamurchan gibt es wieder romantische
Geschichten ...
Vor langer langer Zeit lebte hier ein schönes, junges
Mädchen. Der junge Clanführers verliebte sich
unsterblich in sie und seine Gefühle wurden erwidert.
Doch seine Familie war natürlich dagegen, denn sie
brächte weder Besitz noch Einfluß in die Ehe. Eine
Liason wäre ja in Ordnung, aber heiraten ginge nicht.
Dagegen sträubte sich jedoch das Mädchen und der Sohn
wollte auch nichts anderes als die Ehe.
Die Mutter des Clanführers wollte davon nichts hören. Sie bestellte einen Zauberer zu sich und ließ im Geheimen das Mädchen in einen Schwan verwandeln. Der junge Mann war sehr betrübt, dass seine Geliebte so spurlos verschwand. Er war trübsinnig und wußte nichts mit sich anzufangen. Eines Tages schoss er auf der Jagd einen Pfeil auf einen Schwan in einer Bucht, den er schon einige Tage dort beobachtet hatte. Legenden sind natürlich häufig Tragödien und so war dieser Schwan natürlich niemand anderes als das verwandelte junge Mädchen, dass vom Pfeil getroffen wieder zurückverwandelt wurde und in den Armen ihre Geliebten starb.
Pendler nach Carna
Eine andere Anekdote, die ich in die obigen Buch gelesen habe, ist so zum schmunzeln, dass ich sie hier kurz erwähnen möchte. Sie handelt von einem Arzt aus Rahoy, einem Ort auf Movern, also auf der Halbinsel südostlich von Ardnamurchan. Dazwischen liegen und zwar näher an Movern, die Inseln Oronsay und Carna. Eines schönen Sommerabends war besagter Arzt auf dem Weg von Rahoy nach Carna und zwar schwimmend. Das "Fenstern" ist hier in Schottland halt etwas beschwerlicher. Auf halber Strecke begegnete ihm der prachtvolle Inselbulle, der dem Festland entgegenschwom. Der Arzt grüßte ihn höflich und sagte: "Ich möchte wetten, die gleichen Geschäfte wie ich!". Wer's nicht glaubt, soll die Einheimischen nach Fergus und John MacLachlan fragen und wir genau die gleiche Geschichte zu hören bekommen.
Das Grab von MacColl
Im saloppen geschichtlichen Abriss oben haben wir James Dalgliesh bereits kennengelernt. Er machte natürlich für die Drecksarbeit der Vertreibung der Pächter nicht selbst. Dafür hatte er Donald MacColl. 1844 ordnete Dalgliesh die Vertreibung der Farm Ormsaigmore bei Kilchoan an, nachdem er die Verlängerung des Pachtvertrages abgelehnt hatte. Der erste Versuch durch MacColl scheiterte. Dieser forderte daraufhin von Oban Soldaten an. Es fand sich jedoch keiner, der bereit war, ein Boot zu bemannen, um die Soldaten herüber zu bringen. Erst unter Drohungen gelang dies, aber nur bis zu Maclean's Nose and der Küste.
MacColl war erfolgreich. Der Farmer, seine bettlägrige Frau und seine 6 Kinder mußten zusehen, wie man ihr Hab und Gut zerstörte. Die folgenden 6 Wochen lebten sie am Strand mit einem alten Segel als einzigen Schutz. Die Frau starb, aber sie verfluchte zuvor MacColl und sein Werk. MacColl wurde nach seinem Tod auf dem Friedhof von Kilchoan begraben. Bis heute wächst auf seinem Grab kein Gras, sondern nur Nesseln und Sauerampfer.